Die Reife und die Inhaltsstoffe der Trauben werden durch alle Jahreszeiten geprägt. Dadurch wird jedes Jahr einzigartig, auch wenn Fachleute oft Vergleiche anstellen. 2019 kamen wir aus einem trockenen, milden Winter mit wenig Niederschlägen. Das Wachstum der Reben startete normal früh, die Blüte lag im Normalzeitraum und alles fand bei gutem Wetter statt, was für hohe Beerenzahlen sprach. Dann folgte ein Sommer, der dem 2018er in nichts nachstand und nur sehr wenig Regen im Gepäck hatte. Da der Winter bereits trocken gewesen war, zeigte sich einmal mehr, welche Rebanlagen auf tiefere Wasservorräte zugreifen können und somit auch lange Trockenphasen gut überstehen. Hier sind wir scheinbar sehr gesegnet. Die ganze Region hatte große Probleme und es mussten zum Teil Trauben wegen Trockenstress auf den Boden geschnitten werden. Bei uns hingegen gab es nur sehr kleine Bereiche die Anfänge von Trockenstress zeigten. Alle anderen kamen gut durch den Sommer.

Wir haben uns in 2019 für ein Belassen der Blätter vor den Trauben auf der Sonnenseite entschieden. Diese Entscheidung erwies sich als gut, denn so entstanden an den Tagen mit mehr als 35°C kaum Sonnenbrandschäden. Es schien also alles wie im Bilderbuch zu laufen. Dann kam aber, wie bereits in 2018, ein Gewitter mit Hagel, diesmal jedoch nur zwei bis drei Wochen vor der Ernte. Die Schäden auf den betroffenen fünf ha lagen zwischen 10 und 40%, was sich in diesen Anlagen eins zu eins auf die Ertragsmenge auswirkte. Jedoch hatten wir das Glück, dass nach dem Hagel direkt wieder für circa zehn Tage trockenes Wetter einsetzte und so die Schäden ohne Essigbildung einfach eintrocknen konnten.

Dann kam die Ernte. Die Ernte kann man in drei Wetterphasen einteilen:

1.  Aus dem Sommer kommend in der Trockenphase
In der ersten Phase der Ernte befinden wir uns noch in der extrem trockenen Situation wie sie den Sommer über vorherrschte, mit Tagestemperaturen von 25°C. Die früh und mittelfrüh reifenden Rebsorten wie Huxelrebe, Würzer aber auch der Dornfelder nehmen schnell im Zuckergehalt zu. Auch Weinberge im Hagelgebiet legen mit ihrem reduzierten Behang schneller in der Reife zu. Hier haben wir dann auch mit der Ernte begonnen. Die ersten Trauben waren die Cabernet Cortis für Blanc de Noir. Sie kamen gut gereift mit 90°Oe in den Keller, was einen Alkohol von 12-12,5% ergeben wird. Es folgten Würzer mit 92°Oe und die ersten Dornfelder mit 90°Oe. Ein guter Einstieg. Was recht schnell klar wird ist, dass die Trauben anteilig weniger Saft enthalten als in 2018. Der Geschmack der Trauben ist gut, die Kerne haben schon braune Bäckchen und die Schalen schmecken intensiv, aber nicht bitter. Das Fruchtfleisch hat sich schon deutlich verflüssigt. Alles Zeichen für einen guten physiologischen Reifestand.

2. Das Spannende Mittelstück der Weinernte
Im Verlauf der Ernte wurde das Wetter wechselhafter und die Nächte kühler. Der sehr trockene Boden konnten die ersten 25-30 Liter pro Quadratmeter Regen als Segen für die mittleren und späten Rebsorten aufnehmen. Das Wasser schiebt die Lebensprozesse und Mineralisierung im Boden an und die Reben transportieren die Mineralien in die Trauben. Es folgte ein Wechsel von Schönwettertagen und Regenphasen, wobei die Regenmengen nie zu groß wurden. Die Reife der Trauben schreitet dabei weiter voran, ohne dass sich nennenswert Fäulnis entwickelt. Die kühlen Nächte kümmern sich um die Ausprägung der vollen Aromatik der Trauben. Die mittelfrühen Rebsorten wie zum Beispiel Johanniter, Grauburgunder und St. Laurent. erreichen ihre Reife und können mit knapp über 12% natürlichem Alkohol geerntet werden. Die Säurewerte liegen auf reifem, mittlerem, ziemlich optimalem Niveau. Die Grauburgunder sind von der reichlichen Sonne voll durchgefärbt und lachen uns mit einer dunklen lachsfarbenen Beerenhaut an. Am Ende der zweiten Phase werden auch die ersten spätreifen Sorten, wie Spätburgunder, Chardonnay, Riesling und Silvaner, schon richtig reif. Wenn dieser Punkt erreicht ist, vertragen die Trauben meist keinen Regen mehr. Also ernten wir, vorgewarnt durch den Wetterbericht, alle mittelfrühen Rebsorten und auch ein Großteil der späten Rebsorten vor der eintreffenden und für die Dauer von einer Woche angekündigten Regenphase. Dank unserem tollen Ernte- und Kellerteam sowie unserer eigenen Erntemaschine haben wir das auch rechtzeitig vor dem Regen geschafft. Tolle Qualitäten auf den Punkt geerntet.

3. Das Finale
Aus der angekündigten Woche Regen wurden dann fast zwei Wochen und wir haben es schon fast bereut, nicht alles vor dem Regen geholt zu haben. Aber die noch hängen gelassenen Riesling-Anlagen und auch der Cabernet Sauvignon waren noch sehr stabil in der Traubenstruktur, so dass wir Ihnen zutrauten, die Regenphase gut zu überstehen. Insgesamt sind Schlechtwetterphasen im Grunde mindestens so qualitäts- und charakterbildend wie Sonnenschein. Wichtig ist nur, dass die Trauben sie gut überstehen.

Am Ende der Regenphase war der Zustand der Trauben immer noch gut und die Rieslinge fangen an bräunliche Reife-Bäckchen zu bekommen. Die Blätter in der Traubenzone sind inzwischen schon teilweise von gelber Herbstverfärbung geprägt, was ein klares, gutes Zeichen für vollreife Trauben ist. Wenn das Wetter kalt geblieben wäre, hatten die Trauben wahrscheinlich noch weitere zwei Wochen ausgehalten. Aber das angesagte warme Sonnenwetter bei gleichzeitig durchnässten Böden sagte unserem erfahrenen Senior Hans-Jürgen Roll „Jetzt haben wir noch maximal eine Woche bis zur Fäulnis“. Warum? Durch die nassen Böden und das warme Wetter hat man morgens lange tropisch-feuchte Luftbedingungen, was die Pilzentwicklung fördert. Das warme Wetter in den Mittagsstunden treibt die Reife zügig voran. Diese Kombination ist wie ein Zeitraffer und man muss die Trauben genau im Auge behalten. Darauf vorbereitet haben wir zwei Tage abgewartet, damit die Trauben mittags richtig trocken sind. Unser Ernteteam hat aus den Rieslingen die Trauben schon mal heraus selektioniert die unmittelbar vor der Fäulnis standen oder die schon Ansätze von Fäulnis zeigten. Solche Trauben sind toll für fruchtig milde Weine. Am dritten Tag haben wir gegen Abend die Untere Eideswiese² geerntet, da hier ein Einsetzen der Fäulnis vorzeitig zu erwarten war. Mit 93°Oe und 8,1 g/l Mostsäure und einem PH-Wert von 3,15 (schön tief geblieben) zeigten die Trauben perfekte Werte. Am gleichen Tag ernten wir auch die Cabernet Sauvignon für unseren Blanc de Noir Cabernet. Sie sehen der Blanc de Noir vereint die erstgelesenen und einer der letztgeernteten Weinberge – eine spannende Kombination.

Nun verblieben noch zwei Tage bis zum Eideswiese²-Finale. Zwei Tage mit 25°C Tagesmaximum und vollen Sonnenschein. Traumhaftes Wetter. Am letzten Erntetag können wir dann ziemlich entspannt die vollreifen Trauben bergen. Der Plan ist aufgegangen. Der obere Block Eideswiese wurde nochmal in zwei Chargen aufgeteilt die besten Reihen oben/oben und oben/unten, also der untere Teil des oberen Blocks. Oben/unten 97°Oe und oben/oben etwas über100°Oe. Jeweils gesunde Trauben, braune Bäckchen, toller Geschmack, braune, reife Kerne. Trauben einem Finale würdig!

Im Keller
Im Keller passiert bei uns auf dem Gustavshof nichts Spektakuläres. Keine Zaubertricks! Alle Trauben werden so schonend wie möglich verarbeitet, spontan vergoren und bekommen viel Zeit für Extraktion der Beerenhäute, Gärung und Reife.

Die Spontangärungen setzen in 2019 erfreulich zügig ein. Meist dauert es dieses Jahr nur 2-3 Tage bis die Gärung merklich beginnt und die Weinhefen ihre Arbeit aufnehmen. Seit 2018 setzen wir auch Impulse durch biologisch-dynamische Präparate im Weinkeller. Dazu stellen wir uns selbst D6 Potenzen von Hornmist- und Hornkieselpräparaten her. Hornmist wird bei einsetzender Gärung oder wenn eine Gärung zu langsam wird gegeben. Hornkiesel, wenn die Gärung sich Richtung Ende bewegt, die Geschwindigkeit des Zuckerabbaus aber etwas zu hoch scheint. Hornkiesel ist der Licht- und Strukturimpuls unter den Präparaten. Dazu hat uns unserem japanischen Freund Katsuyuki, der uns schon bei der energetischen Etikettenentwicklung unterstützt hat, eine „Tankbemalung“ zur Hand gegeben, welche sich positiv auf den Reifeprozess und die innere Qualität der Weine auswirkt. Erste Versuche in 2018 mit dieser Symbolik haben beeindruckende Ergebnisse gezeigt. Die Gärungen 2019 verlaufen sehr stabil und bis dato haben alle fertig vergorenen Tanks und Fässer ihre Ziele erreicht.

Neu in 2019 haben wir einige Weißweine mit einer kleinen Beigabe ganzer Trauben vergoren und freuen uns schon auf die Ergebnisse aus diesen Varianten. Wir erhoffen uns dadurch eine weitere Zunahme der Komplexität im Premiumsegment und den Naturweinen.

Insgesamt können wir mit dem 2019er Jahrgang an das Qualitätsniveau von 2017 und 2018 sicher anschließen und das ein oder andere Highlight wird es darüber hinaus sicher geben.